Geplante und kurzfristig abgesagte Wahlkampfauftritte türkischer Politiker hielten in den letzten Tagen ganz Europa in Atem. Die türkische Regierung warf den westlichen Staaten daraufhin sogar Nazi-Methoden vor. Nach dem Entzug der Landeerlaubnis für das Flugzeug des türkischen Außenministers in Holland sowie einem Zutrittsverbot für die türkische Familienministerin ins Konsulat in Rotterdam drohten die Spannungen endgültig aus dem Ruder zu laufen. Auch die Beziehungen zwischen Wien und Ankara sind seit einiger Zeit extrem belastet, nicht zuletzt, weil auch hierzulande überlegt worden war, wie man derlei Wahlkampfauftritte untersagen könne. Doch nun hat sich Österreich einen diplomatischen Kniff einfallen lassen, der es allen Beteiligten erlaubt, ihr Gesicht zu wahren und gleichzeitig dafür sorgt, dass sich die angespannten Beziehungen wieder normalisieren dürften.
Außenminister Sebastian Kurz erörtert im Interview mit der Entenpost den österreichischen Lösungsansatz: “Wir wollen auch weiterhin nicht, dass türkische Politiker offiziell zu uns nach Österreich kommen, um hier ihren Wahlkampf zu führen. Wogegen wir allerdings nichts einzuwenden haben, ist, wenn AKP-Politiker zu uns nach Österreich kommen, um hier einen Werbefilm zu drehen. In diesem Spot kann dann natürlich eine riesige AKP-Wahlkampfveranstaltung nachgestellt werden und von mir aus können dort auch sämtliche Vorzüge der geplanten Verfassungänderung beworben und bejubelt werden. Wie das bei Werbung üblich ist, darf da ruhig auch ein wenig übetrieben werden, Hauptsache allen Anwesenden ist klar, dass es sich lediglich um eine Werbefilmproduktion handelt.”
Als idealer Drehort schwebt dem Außenministerium der Wiener Heldenplatz vor, der auf Grund seiner Größe und historischen Symbolik gut zu einem bombastischen Werbefilm mit Präsident Erdoğan und seinen Ministern passen würde. In Ankara stieß der Vorschlag aus Wien jedenfalls auf überaus positives Echo. In einer ersten Reaktion hieß es, man begrüße den österreichischen ‘Beitrag zur Vernunft’, der dazu führen werde, das freundschaftliche Verhältnis der beiden Länder wiederherzustellen. Dem Vernehmen nach wurde in der AKP-Zentrale bereits eine eigene Task-Force eingerichtet, die sich mit der Planung und Koordination der Filmproduktion in Wien beschäftigen wird.
Sebastian Kurz: “Ein monumentaler Werbefilm dieser Dimension ist logistisch nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Wir unterstützen Ankara dabei, ungefähr 50.000 Statisten zu finden, die bei diesem Werbespot freiweillig mitspielen wollen. Wir haben bei uns am Minoritenplatz zu diesem Zweck eigens ein Casting-Büro eingerichtet. Einzige Voraussetzung für die Teilnahme ist eine österreichisch-türkische Doppelstaatsbürgerschaft, die bei der Bewerbung anhand von Dokumenten nachgewiesen werden muss. Damit wollen wir sicherstellen, dass sich nur Personen melden, die sich gut mit beiden Ländern identifizieren können und somit ideal für eine Verbesserung der angespannten Beziehungen geeignet sind. Als kleines Dankeschön für alle, die am Drehtag dabei sein dürfen, wird es übrigens eine kleine Überraschung geben. Mehr wollen wir derzeit noch nicht verraten – sonst ist es ja keine Überraschung mehr!”
Nicht zum ersten Mal demonstriert das neutrale Österreich, wie man internationale Krisen mit einfachen diplomatischen Mitteln super lösen kann. Wer weiß, vielleicht ließen sich ja mit weiteren Werbefilmproduktionen in Gaggenau oder Rotterdam auch die Spannungen mit Deutschland und Holland ruck-zuck beseitigen. Aber bitte das Datum für den Drehtag untereinander abstimmen. Nicht dass es wegen eines kollidierenden Termins plötzlich zu Unstimmigkeiten zwischen Wien, Berlin und Amsterdam kommt! Der Termin für Österreich steht übrigens schon fest: Samstag 1. April.